Doing Time
mixed Media
Akademie der Bildenden Künste / degree show / 2015
Wide, white walls. Ceilings 8 meters high. Vast windows, that end above head hight, that only show the sky, cut in slices by bars.
The studio at the academy, which for many years gave room for work, talks, ideas or crises, is big enough to make you small sometimes.
A little like in jail – and exactly this is what “doing time” means: to be jailed.
The english term bears more, the contradiction of not only letting time pass but rather the constant activity that is required to make it move on, although at the end, apart from the
constant turning of the hamster wheel, not much has happened. Thus it‘s quite possible to see a gesture of resistance when Julika Meyer shrinks this stunting, time-sinking giant‘s room like a
piece of clothing washed too hot, shrinks it into more human dimensions and thus deflates its functions of both confinement and refuge.
Like a trouser or a glove, she has turned the studio inside out, so the inner walls face outwards. Suddenly they inclose what used to be the space outside and evict what they used to hold
together. Once more the sky is visible through the windows, but only as panoramic view from the highest point of the building.
The gaze into the model glides over the tree tops in the academy garden towards the open, clouds are floating above you, dusk, night falls, the next day comes. This is how freedom looks, you
think, but strange that it is barred within the inaccessible cubic of the reversed studio model.
It is a tricky convolution of spaces and realities, which eventually even questions the position of the visitor. Like in a puzzle picture she sees herself inside and outside at the same time:
enclosed and yet released into the open. It‘s up to her to start walking and see, where she‘ll arrive.
Weite, weiße Wände. Acht Meter hohe Decken. Riesige, noch über Kopfhöhe endende Fenster, durch die man nur den von Sprossen zerschnittenen Himmel sieht.
Das Akademieatelier, das einige Jahre lang Ort für Arbeit, für Gespräche, für Ideen oder für Krisen war, ist so groß, dass es einen kleinmachen kann.
Ein bisschen vielleicht wie ein Gefängnis – genau das heißt ja „Doing time“: im Knast sitzen.
Es schwingt in dem englischen Slangbegriff noch der ins Deutsche schwer übertragbare Widerspruch mit, dass man die Zeit nicht einfach verstreichen lässt, sondern es vielmehr ständiger
Betriebsamkeit bedarf, sie herumzukriegen; auch wenn letzten Endes, vom Drehen des Hamsterrades abgesehen, nicht viel passiert ist. Man kann es also durchaus für eine Geste des Widerstands
halten, wenn Julika Meyer diesen verzwergenden, zeitfressenden Riesenraum wie ein zu heiß gewaschenes Kleidungsstück auf menschlichere Dimensionen zusammenschrumpft und dabei seine Funktion – die
des Einsperrens ebenso wie die des Bergens – ins Leere laufen lässt. Denn wie eine umgestülpte Hose oder einen Handschuh hat sie das Atelier auf links gedreht, sodass die Innenwände nach außen
zeigen. Plötzlich schließen sie ein, was vorher der Außenraum war, und werfen ins Freie, was sie einmal zusammengehalten haben.
Durch die Fenster ist erneut der Himmel zu sehen, nun aber als Panoramaeinstellung vom höchsten Punkt des Gebäudes. Der Blick gleitet über die Baumwipfel des Akademiegartens in die offene Ferne,
Wolken ziehen über einen hinweg, es wird Abend, es wird Nacht, es wird wieder Tag. So sieht die Freiheit aus, denkt man, aber seltsam, dass sie wiederum verriegelt ist im unbetretbaren Kubus des
umgekehrten Modellateliers.
Es ist eine verzwickte Verschachtelung von Raum- und Realitätsebenen, die schließlich auch den Standort des Betrachters unsicher werden lässt. Wie in einem Vexierbild sieht er sich innen und
außen zugleich: eingeschlossen und doch ins Weite entlassen. Es bleibt nur, loszugehen und zu sehen, wohin man damit kommt.
Text / Christian Hartard